Algorithmus für ein faires entscheiden: Unterschied zwischen den Versionen

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Für eine faire gemeinsame Entscheidung sollten diese beiden Bedingungen möglichst gut erfüllt sein:
Für eine faire gemeinsame Entscheidung sollten diese beiden Bedingungen möglichst gut erfüllt sein:
# '''Mehrere Entscheidungsalternativen''': Der Entscheidungsalgorithmus darf nicht auf eine einfach Ja/Nein oder A versus B oder 'Soll das umgesetzt werden oder nicht' reduziert sein. Denn im Normalfall gibt es für einen bestimmten Sachverhalt oder Themenstellung eine Vielzahl von verschiedenen Lösungen. Kann der Algorithmus nicht damit umgehen, dann muss im Vorfeld auf eine Variante reduziert werden. Also das Entscheidungsproblem wird dadurch nur vorverlegt und nicht gelöst.
# '''Mehrere Entscheidungsalternativen''': Der Entscheidungsalgorithmus darf nicht auf eine einfach Ja/Nein oder A versus B oder 'Soll das umgesetzt werden oder nicht' reduziert sein. Denn im Normalfall gibt es für einen bestimmten Sachverhalt oder Themenstellung eine Vielzahl von verschiedenen Lösungen. Kann der Algorithmus nicht damit umgehen, dann muss im Vorfeld auf eine Variante reduziert werden. Also das Entscheidungsproblem wird dadurch nur vorverlegt und nicht gelöst.
# '''Jede Stimme soll möglichst gleich viel zählen''': Nehmen wir an, es gibt drei Entscheidungsalternativen A, B und C. Wobei B beliebter als A ist, C beliebter als A ist. C und A sind jedoch sehr ähnliche Alternativen. Würde man hier die relative Mehrheitsentscheidung anwenden. Dann würden sich die Stimmen auf B und C aufteilen, während A als alleinstehend profitieren würde. A würde gewinnen, obwohl es die unbeliebteste Alternative ist. Da sich die Stimmen auf B und C aufgeteilt haben, waren sie weniger wert. Das ist also ein Algorithmus der diese Bedingung nicht gut erfüllt.
# '''Jede Stimme soll möglichst gleich viel zählen''': Nehmen wir an, es gibt drei Entscheidungsalternativen A, B und C. Wobei B beliebter als A ist, C beliebter als A ist. B und C sind jedoch sehr ähnliche Alternativen. Würde man hier die relative Mehrheitsentscheidung anwenden. Dann würden sich die Stimmen auf B und C aufteilen, während A als alleinstehend profitieren würde. A würde gewinnen, obwohl es die unbeliebteste Alternative ist. Da sich die Stimmen auf B und C aufgeteilt haben, waren sie weniger wert. Das ist also ein Algorithmus der diese Bedingung nicht gut erfüllt.


In seiner Arbeit zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Arrow-Theorem Allgemeinen Unmöglichkeitstheorem] hat er mathematisch belegen können, dass es keinen Algorithmus gibt der Präferenzordnungen einzelner Personen zu einer gemeinsamen Präferenzordnung aggregieren kann welche als fair betrachtet werden kann. Die Möglichkeit aus diesem Dilemma herauszukommen ist es, die Meinungen der einzelnen Personen nicht zu Präferenzordnungen (= vergleichendes Wählen) zur reduzieren, sondern diese einfach als Wert (Punkte an einer Werteskala = bewertendes Wählen) zu erfassen.  
In seiner Arbeit zum [https://de.wikipedia.org/wiki/Arrow-Theorem Allgemeinen Unmöglichkeitstheorem] hat er mathematisch belegen können, dass es keinen Algorithmus gibt der Präferenzordnungen einzelner Personen zu einer gemeinsamen Präferenzordnung aggregieren kann welche als fair betrachtet werden kann. Die Möglichkeit aus diesem Dilemma herauszukommen ist es, die Meinungen der einzelnen Personen nicht zu Präferenzordnungen (= vergleichendes Wählen) zur reduzieren, sondern diese einfach als Wert (Punkte an einer Werteskala = bewertendes Wählen) zu erfassen.  
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==== Ehrlichkeit ====
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Durch den Stichwahlschritt im STAR VOTING wird der Person jeglicher Anreiz genommen strategisch zu wählen (Abbildung 1). Im Chart wird dargelegt wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das strategische Wählen funktioniert, oder das es nach hinten losgeht. Wenn es gleich wahrscheinlich oder wahrscheinlicher ist, dass es nach hinten losgeht, dann gibt es keinen Anreiz strategisch zu wählen.
Durch den Stichwahlschritt im STAR VOTING wird der Person jeglicher Anreiz genommen strategisch zu wählen (Abbildung 1). Im Chart wird dargelegt wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das strategische Wählen funktioniert, oder das es nach hinten losgeht. Wenn es gleich wahrscheinlich oder wahrscheinlicher ist, dass es nach hinten losgeht, dann gibt es keinen Anreiz strategisch zu wählen.
[[Datei:Star_strategic2.png|mini|Abbildung 1: Strategisches wählen. Wahrscheinlichkeiten für Erfolg und nach hinten losgehen für verschiedene Entscheidungsalgorithmen]]
[[Datei:Star_strategic2.png|thumb|600px|Abbildung 1: Strategisches wählen. Wahrscheinlichkeiten für Erfolg und nach hinten losgehen für verschiedene Entscheidungsalgorithmen]]
==== Genauigkeit ====
==== Genauigkeit ====
STAR VOTING liefert im Vergleich mit anderen Wahlverfahren die besten Ergebnisse hinsichtlich Genauigkeit. Siehe dazu: [https://www.starvoting.org/accuracy STAR VOTING accuracy]. Die Genauigkeit ist eine wichtige Eigenschaft, bei der unser Mehrheitswahlsystem sehr schlecht abschneidet. Besonders beeindruckend ist für mich die grafischen Simulationen die dafür gemacht wurden. <ref>https://www.youtube.com/watch?v=-4FXLQoLDBA</ref>
STAR VOTING liefert im Vergleich mit anderen Wahlverfahren die besten Ergebnisse hinsichtlich Genauigkeit. Siehe dazu: [https://www.starvoting.org/accuracy STAR VOTING accuracy]. Die Genauigkeit ist eine wichtige Eigenschaft, bei der unser Mehrheitswahlsystem sehr schlecht abschneidet. Besonders beeindruckend ist für mich die grafischen Simulationen die dafür gemacht wurden. <ref>https://www.youtube.com/watch?v=-4FXLQoLDBA</ref>

Aktuelle Version vom 1. März 2024, 08:44 Uhr

Es gibt Entscheidungen die kann jede Person für sich selbst treffen. Zum Beispiel, wie verbringe ich meinen Abend. Es gibt jedoch Entscheidungen, da ist es praktisch erforderlich oder zumindest sinnvoll, das man zu einer gemeinsamen Entscheidung gelangt. Beispielsweise, fahren wir im Linksverkehr oder Rechtsverkehr wird aus naheliegenden Gründen eine gemeinsame Entscheidung sinnvoller sein. Bei der Politik geht es ja meist darum eine Entscheidung zu treffen welche eine Vielzahl von Personen betrifft. Daher ist es auch für den Entscheidungsalgorithmus für die direkte Demokratie wichtig, dass dieser die Fähigkeit besitzt aus vielen einzelnen Meinungen eine gemeinsame Meinung bzw. Entscheidung zu ermitteln.

Aber was ist nun eine faire Entscheidung? Eine faire gemeinsame Entscheidung sollte bestimmten Mindestanforderungen genügen. Eine Liste solcher Anforderungen hat Nobelpreisträger Kenneth Arrow in seiner Arbeit zum Allgemeinen Unmöglichkeitstheorem formuliert. Für die Betrachtungen hier, reicht allerdings eine einfachere Anforderungsanalyse aus. Für eine faire gemeinsame Entscheidung sollten diese beiden Bedingungen möglichst gut erfüllt sein:

  1. Mehrere Entscheidungsalternativen: Der Entscheidungsalgorithmus darf nicht auf eine einfach Ja/Nein oder A versus B oder 'Soll das umgesetzt werden oder nicht' reduziert sein. Denn im Normalfall gibt es für einen bestimmten Sachverhalt oder Themenstellung eine Vielzahl von verschiedenen Lösungen. Kann der Algorithmus nicht damit umgehen, dann muss im Vorfeld auf eine Variante reduziert werden. Also das Entscheidungsproblem wird dadurch nur vorverlegt und nicht gelöst.
  2. Jede Stimme soll möglichst gleich viel zählen: Nehmen wir an, es gibt drei Entscheidungsalternativen A, B und C. Wobei B beliebter als A ist, C beliebter als A ist. B und C sind jedoch sehr ähnliche Alternativen. Würde man hier die relative Mehrheitsentscheidung anwenden. Dann würden sich die Stimmen auf B und C aufteilen, während A als alleinstehend profitieren würde. A würde gewinnen, obwohl es die unbeliebteste Alternative ist. Da sich die Stimmen auf B und C aufgeteilt haben, waren sie weniger wert. Das ist also ein Algorithmus der diese Bedingung nicht gut erfüllt.

In seiner Arbeit zum Allgemeinen Unmöglichkeitstheorem hat er mathematisch belegen können, dass es keinen Algorithmus gibt der Präferenzordnungen einzelner Personen zu einer gemeinsamen Präferenzordnung aggregieren kann welche als fair betrachtet werden kann. Die Möglichkeit aus diesem Dilemma herauszukommen ist es, die Meinungen der einzelnen Personen nicht zu Präferenzordnungen (= vergleichendes Wählen) zur reduzieren, sondern diese einfach als Wert (Punkte an einer Werteskala = bewertendes Wählen) zu erfassen. Die Lösung zu einer fairen Lösung wird trivial einfach. Die Punkte werden zusammengezählt. Die Alternative mit den meisten Punkten ist der Gewinner.

Jedoch wenn es so einfach ist, warum Entscheidet dann nicht die ganze Welt so? Warum machen wir Mehrheitsentscheidungen und andere kompliziertere Verfahren wie beispielsweise Borda-Wahl, Condorcet,... ? Weil dieses einfache wertende Verfahren einen beweisbaren Nachteil hat. Es würde im Laufe der Zeit die Menschen dazu animieren strategisch zu Wählen. Die persönlich akzeptablen Entscheidungsvarianten würde die volle Punkteanzahl erhalten, und alle anderen alternativen 0 Punkte. Das Entscheidungssystem würde entarten, und der ehrliche Wähler würde einen Nachteil haben.[1][2] Zusammengefasst, es ist nicht immun gegen strategisches wählen.

Die Lösung

Dieses Problem wurde 2014 bei einer Debatte an der Universität von Oregon gelöst[3]. Es kombiniert bewertendes und vergleichendes wählen in einer neuen einzigartigen und einfachen Art und Weise. Es wird STAR VOTING genannt.

Der Algorithmus

Das Wort STAR steht für 'Score - Then - Automatic - Runoff'. Der Ablauf ist dabei folgender:

  1. Erfassen: Es werden alle Stimmen anhand einer bewertenden Skala erfasst.
  2. Bewerten: Es wird mit diesen Stimmen über die Summenbildung eine Rangordnung der Entscheidungsvarianten gebildet.
  3. Vergleichen: Es wird anhand der der Stimmen der besten zwei Entscheidungsvarianten ein Sieger ermittelt. Bei diesem Schritt wird jedoch nicht die Summe gebildet, sondern jeweils nur gezählt ob der jeweilige Wähler den erst- oder den zweitplatzierten höher gewertet hat. Es findet also eine Stichwahl zwischen den besten beiden Varianten statt. Es werden die Stimmen nicht nochmals erfasst, sondern auf diese angewendet.
  4. Ergebnis: Die Siegesvariante ist nun die, welche im Runoff (Stichwahlschritt) gewonnen hat.

Die Eigenschaften

Das Star Voting zeichnet sich durch fünf Eigenschaften aus:[4]

  • Gleichheit: Jede Stimme wird gleich gezählt. Es kommt nicht zu einem aufsplitten bei ähnlichen Kandidaten.
  • Ehrlichkeit: Es veranlasst den Wähler seine ehrliche Wahl zu machen und nicht auf Taktiken, wie z.B.: das Wählen des geringeren Übels um eine bestimmte Person zu verhindern.
  • Genauigkeit: Es bildet mit hoher Genauigkeit den Wählerwillen ab.
  • Einfachheit: Es ist sowohl für den Wähler als auch in der Auswertung einfach.
  • Expressivität: Der Wähler kann seinen Willen differenziert zum Ausdruck bringen.

Gleichheit

Der Gleichheitsbegriff in der Wahltheorie hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Um als gleich zu gelten, ist es nicht nur erforderlich, dass jede Stimme gleich viel zählt, sondern das Wahlverfahren auch den Test des Gleichgewichts (Englisch: test of balance) besteht.[5] Das bedeutet, wenn eine Person A eine bestimmte Wahl abgibt dann muss auch eine Person B die Möglichkeit haben eine Gegenstimme abzugeben, welche die Stimme von Person A ausgleichen kann. Dies ist bei dem bisherigen Verfahren nicht der Fall, wird aber von STAR VOTING erfüllt. Diese Eigenschaft ist wichtig, da sie die oben beschriebene Problematik der Stimmaufteilung löst.

Ehrlichkeit

Durch den Stichwahlschritt im STAR VOTING wird der Person jeglicher Anreiz genommen strategisch zu wählen (Abbildung 1). Im Chart wird dargelegt wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das strategische Wählen funktioniert, oder das es nach hinten losgeht. Wenn es gleich wahrscheinlich oder wahrscheinlicher ist, dass es nach hinten losgeht, dann gibt es keinen Anreiz strategisch zu wählen.

Abbildung 1: Strategisches wählen. Wahrscheinlichkeiten für Erfolg und nach hinten losgehen für verschiedene Entscheidungsalgorithmen

Genauigkeit

STAR VOTING liefert im Vergleich mit anderen Wahlverfahren die besten Ergebnisse hinsichtlich Genauigkeit. Siehe dazu: STAR VOTING accuracy. Die Genauigkeit ist eine wichtige Eigenschaft, bei der unser Mehrheitswahlsystem sehr schlecht abschneidet. Besonders beeindruckend ist für mich die grafischen Simulationen die dafür gemacht wurden. [6]

Einfachheit und Expressivität

Der Wähler kann mit diesem Verfahren nun einfach und differenziert seinen Wunsch äußern. Er kann Entscheiden, welche Variante er keinesfalls möchte, welche Varianten OK währen und welches oder welche er unbedingt haben möchte. Er muss nicht mehr seine Meinung auf ein einzelnes Kreuzerl reduzieren, sondern kann seine gesamte Meinung zum Ausdruck bringen, und dass in einer einfachen Art und Weise.

Bewertungsmaßstab

Wie der Bewertungsmaßstab anhand der die Wähler Ihre Meinung in das System eingeben, hat auch Einfluss auf das Ergebnis. Diese Software nutzt den systemischen konsensieren Maßstab. Ein Maßstab bei welchem der Widerstand zur jeweiligen Entscheidungsvariante erfasst wird. [7]

Warum wird dieser Maßstab hier genutzt?

Verlustaversion

Die Nobelpreisträger Kahneman und Tversky haben in ihren Arbeiten herausgefunden, dass die Tendenz besteht Verluste höher zu gewichten als Gewinne. Das Bedeutet zum einen, dass zwischen Gewinn und Verlust eine unterschiedliche Gewichtung vorliegt. Daher würde eine Bewertungsmaßstab von Gewinn bis Verlust zu erheblichen Verzerrungen führen. Da der Verlustbereich vom Menschen sensitiver wahrgenommen wird, macht es Sinn diesen auch für die Bewertung heranzuziehen.

Optimierungstheorie

Gibt es mehrere Vorschläge zu einem Thema, so stellen diese zumindest für die Autoren dieser Vorschläge meist ein Optimum dar. Erfolgt dann die Bewertung über den Widerstandsmaßstab, so kann das Ganze als Optimierungsaufgabe gesehen werden. Nämlich die Widerstände zu den einzelnen Lösungen hin zu optimieren. Der Vorschlag, dem es gelingt möglichst wenig Widerstand zu kreieren wird gewinnen. Ein Vorschlag mit dem wenigsten Widerstand ist gleichzeitig auch der Vorschlag mit der höchsten Akzeptanz. Eine hohe Akzeptanz ist genau das, was wir für Gruppenentscheidungen im allgemeinen als auch für politische Entscheidungen im speziellen haben möchten.

Diese Bewertungsmethode nach dem Widerstand ist entstanden durch Versuche von den Entwicklern dieser Methode. Es hat sich gezeigt, dass die Optimierung und die Akzeptanz der erarbeiteten Lösung am besten sich über diesen Bewertungsmaßstab realisieren lässt.

Eine häufig gestellte Frage ist hier, ob es nicht dadurch zum minimalen Kompromiss oder kleinsten gemeinsamen Nenner als Lösung kommt. Die Antwort darauf ist ein klares NEIN. Es können die Vorschläge optimiert, als auch neue Vorschläge zu einem Thema eingebracht werden. Dabei kann auch der 'minimal Kompromiss' Vorschlag sein. Es können aber auch, und es werden auch Vorschläge eingebracht werden, welche besser die Bedürfnisse der Beteiligten erfüllen. Diese Vorschläge werden daher auch weniger Widerstand erhalten und besser bewertet werden als der 'minimale Kompromissvorschlag'. Daher wird sich nicht der 'minimale Kompromissvorschlag' durchsetzen können, sofern es bessere Lösungen für die beteiligten gibt.

Referenzen