Warum mehr direkte Demokratie

Version vom 15. Juli 2024, 06:49 Uhr von Admin 2 (Diskussion | Beiträge) (→‎1. Vertrauen in diese Parteien)
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In einer idealen Welt, bezahlen wir die Politiker dafür, dass diese im Sinne der Bevölkerung entscheiden. Direkte Demokratie wäre in diesem Fall kaum notwendig und hätte nur einen geringen Nutzen. Warum das jedoch nicht immer so ist soll hier erläutert werden.

TWEEDISM

Wir als die Bevölkerung haben die Möglichkeit die Parteien und über Vorzugstimmen aus Listen Personen zu wählen. Das Problem dabei ist, dass diese bereits einer Vorselektion unterlaufen sind. Wir haben es daher mit einem zweistufigen Prozess zu tun, bei dem die Bevölkerung im ersten Schritt, keine Möglichkeit hat es zu beeinflussen. Dieser Mechanismus wird TWEEDISM genannt.[1]. Für die USA ergibt sich daraus, dass der Einfluss der durchschnittlichen Wählers vernachlässigbar klein ist. (Siehe Abbildung 1). Für Deutschland belegt eine Studie aus dem Jahr 2016 das die Regierung systematisch den Wünschen der Reichen folgte. [2][3] Für Österreich liegen mir leider keine Untersuchungsergebnisse vor, doch es kann wohl ein ähnliches Ergebnis erwartet werden.

Abbildung 1:Einfluss durchschnittlicher Wähler auf politische Entscheidungen [4][5]

Parteiprogramme

Die Parteiprogramme der einzelnen Parteien lesen sich in der Regel ja sehr freundlich gegenüber der durchschnittlichen Bevölkerung. Dies ist auch verständlich, da das Parteiprogramm ja wesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben wird. Eine Partei, mit einem Programm, gegen die durchschnittliche Bevölkerung ausgerichtet, würde wohl nur einen geringen Prozentsatz der Stimmen erhalten. Doch zwischen Parteiprogramm und Umsetzung gibt es zwei Probleme.

  1. Schafft es eine Partei nicht in eine Regierungskoalition, so hat das Parteiprogramm nicht viel Bedeutung. Die Regierenden Parteien bestimmen ja was beschlossen wird.
  2. Regierungsparteien müssen zuerst mal Koalitionsverhandlungen führen, um dann gemeinsam zu regieren. Das eröffnet viele Möglichkeiten sich ungeliebter Punkte des eigenen Parteiprogramms zu entledigen, sofern man dies möchte. Die Argumentation dazu ist einfach: "Um gemeinsam zu regieren, muss halt jede Partei sich auf Kompromisse und Zugeständnisse einlassen. Da ist es logisch das nicht das ganze eigene Programm umgesetzt werden kann."

Ein Beispiel dazu

Diese Überlegungen hier bei diesem Beispiel beruhen rein auf Vermutungen und es gibt keine Evidenzen dafür warum wirklich so Entschieden wurde. Diese wird es aus verständlichen Gründen im Normalfall nicht geben.

Das Thema Volksbegehren mit verbindlicher Volksabstimmung war 2017 Wahlkampfthema bei FPÖ und ÖVP.[6] Wobei für die FPÖ zuerst 150.000 Stimmen angedacht waren welche dann auf 250.000 Stimmen revidiert wurden. Die ÖVP wollte 10 Prozent der Wahlberechtigten, also rund 640.000 Stimmen.

Die beiden Parteien sind in Regierungsverhandlungen getreten und haben sich schließlich bei diesem Thema auf 900.000 Stimmen geeinigt. Als Kompromiss wäre meiner Meinung nach eher ein Wert zwischen den beiden im Wahlkampf vorgebrachten Werten zu erwarten gewesen. Wenn beispielsweise die FPÖ vorher bekannt gibt, dass es unter 700.000 Stimmen im Wesentlichen eine Verhöhnung der Menschen sei, und dann bei den Koalitionsverhandlungen ein Wert herauskommt, der höher ist als der des Koalitionspartners dann kann man sich schon darüber wundern. Durch das Ibiza Problem ist dann die Regierung nicht lange genug im Amt gewesen um das dann umzusetzen.

An diesem Beispiel ist meiner Meinung nach gut zu erkennen, welchen Spielraum die Parteien haben das Regierungsprogramm zusammenzustellen, ohne dass es auch nur zu merklichen Widerstand aus der Bevölkerung direkt kommt.

Populismus

Was unter Populismus (von lateinischen populus ‚Volk') zu verstehen ist, wird recht unterschiedlich definiert. Eine gängige Definition ist die Abgrenzung zwischen Eliten und der Bevölkerung.[7] Wobei die populistische Partei den Anspruch für sich hat die Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Wie oben gezeigt wurde ist dies auch wichtig und richtig dies zu verfolgen, da wissenschaftliche Studien genau diese Problematik belegen. Was jedoch bei den als populistisch geltenden Parteien zu vermissen ist, dass sie transparent machen, wie der Wille der Bevölkerung überhaupt ermittelt wurde oder wird. Denn dies ist keine einfache Aufgabe, es müssen zu einem Thema verschiedene Lösungsmöglichkeiten in fairer Weiße zueinander abgefragt und bewertet werden (siehe Faire Entscheidungen). Wenn der Anspruch auf die Umsetzung des Willens der Bevölkerung gemacht wird, dann sollte auch transparent gemacht werden, wie dieser Wille ermittelt wurde.

Ein weiteres Problem besteht für populistische Parteien darin, dass in einer Regierung die Koalition mit einer Elitenpartei gelingen muss, wenn regiert oder mitregiert werden soll (mit der unwahrscheinlichen Ausnahme: die Partei erhält mehr als 50% der Stimmen). Auch hier werden von den als populistisch geltenden Parteien keine Konzepte vorgelegt, obwohl es durchaus Möglichkeiten gäbe (siehe dazu Direktdemokratische Partei).

Die meisten als populistisch geltenden Parteien wären besser als pseudo-populistisch zu kategorisieren. Weil die Meinungsermittlung der Bevölkerung nicht transparent erfolgt und daher viel Spielraum besteht eigene Ziele vorzuschieben, und Koalitionsverhandlungen die Parteiziele meist völlig im Sinne einer Elitenpolitik verwässert. Die populistische Kommunikation wird dann von diesen Parteien gewählt, da der Bürger auch fühlt, dass die Politik für die Eliten gemacht wird und es daher in diesem Bereich ein großes Wählerpotential gibt. Die Handlungen selbst bleiben jedoch weitestgehend ununterscheidbar zu den nicht populistischen Parteien.

Warum ist Pseudopopulismus so erfolgreich

Die pseudopopulistischen Parteien haben in vielen Ländern ein großen Zuspruch. Warum das so ist, neben den Weltbild bzw. Ideologie die diese Parteien vertreten und manche Menschen damit resonieren, dürften vor allem zwei Gründe dafür maßgeblich sein:

1. Vertrauen in diese Parteien

Ein großer Teil der Bevölkerung hat weder die Zeit, noch die Motivation sich tiefer mit den Hintergründen und tatsächlichen Handlungen dieser Parteien zu befassen. Wenn die Message einer Partei es ist, für die Bevölkerung zu sein und es den 'Eliten' schwer zu machen, dann ist das was viele denken das es braucht und es sinnvoll wäre wenn dies so umgesetzt wird. Zudem kommt noch, dass in den Massenmedien gar nicht darüber aufgeklärt wird, dass es sich hier gar nicht um 'echten' Populismus handelt. Daher bleibt die Annahme, dass durch wählen dieser Parteien endlich Politik für die Bevölkerung gemacht wird.

Zudem bieten diese Parteien meist einfache Rezepte an, wie ein Sachverhalt gelöst werden kann.[8] Das kommt gut an, ist jedoch auf häufig der Grund, warum diese Parteien in der Regierungsverantwortung dann scheitern.[9] Beispielsweise wird gefordert die CO2 Bepreisung zu stoppen. Die Einnahmen dieser CO2 Bepreisung werden ohnehin wieder als Klimabonus ausgeschüttet. Es wird also nicht teurer, weil dass Geld wieder ausgeschüttet wird, sondern ist eine elegante Methode die wirtschaftliche Entwicklung hin zu weniger CO2 Ausstoß zu entwickeln. Es müssen, neben den Klimafolgen, ja auch EU Vorgaben eingehalten werden welche sonst zu hohen Strafzahlungen führen würden.[10]. Zudem wird 2027 durch die Erweiterung des EU-Emissionshandels ein CO2 Preis eingeführt.[11] Warum der Versuch diese CO2 Bepreisung zu entfernen, wenn jetzt schon klar ist dass diese schon in kurzer Zeit wieder eingeführt werden muss? Wenn nur die CO2 Bepreisung gesehen wird und nicht weiter auf die Implikationen die damit zusammenhängen weil man gar nicht die Zeit oder Motivation dafür hat das weitergehend durchzudenken, dann kommt das natürlich super an. Niemand kann für alle Problemstellungen dass gesamte erforderliche Wissen haben, und das wird von diesen Parteien ausgenutzt.

2. Motivation schaffen für die nicht populistischen Parteien

Vielen ist es bewusst, auch wenn sie nicht auf wissenschaftliche Studien schauen, dass Politik für die Eliten betrieben wird. Sie sind sich auch darüber bewusst, dass es sich hier um keine echten populistischen Parteien handelt, sondern eben um Pseudopopulismus. Sie wählen diese pseudopopulistischen Parteien aber trotzdem, weil diese Parteien die Aussage des Populismus vertreten. Also Politik für die Bevölkerung zu machen. Das Wählen dieser als populistisch geltenden Parteien soll bei den anderen Parteien die Motivation stärken, endlich was für die Bevölkerung zu machen. Also die Erwartungshaltung, dass diese als populistisch angesehenen Parteien etwas dann wirklich für die Bevölkerung tun ist gar nicht gegeben sondern dient als Motivation. Man spricht dabei auch von 'Denkzettelwahl' oder 'Protestwahl'.[12]

Das interessante, aber auch logische Verhalten der Parteien, welche eine Denkzettelwahl zu erwarten haben ist nicht etwa zu sagen, ja wir werden nun endlich auch Politik für die breite Bevölkerung machen, sondern die populistischen Parteien als unwählbar oder als nicht koalitionsfähig darzustellen. Somit kann die bisherige Politik weiter betrieben werden, mit der Erwartung nicht zu viele Stimmen zu verlieren.[13]

Kein Vorwurf gegen die Mitglieder von Parteien

Wie hier beschrieben, erscheinen sowohl die 'etablierten' als auch die als populistisch geltenden Parteien als wenig geeignet Politik für die Bevölkerung zu machen. Das bedeutet jedoch nicht das die Parteimitglieder selbst deswegen das Problem dabei sind. Vielmehr ist es wohl was Robert Michels bereits vor mehr als 100 Jahren herausgefunden hat, dass Parteien immer dazu tendieren Strukturen mit oligarchischen Machteliten auszubilden. Bekannt als das Ehernes Gesetz der Oligarchie.

Daher wäre es auch sinnvoll wenn die Parteien selbst sich überlegen, wie sie dieser Entwicklung entgegenwirken können. Wenn es schon eine starke direkte Demokratie im Land gibt, dann wird dieser Prozess leichter fallen, da diese eine Konkurrenz darstellt. Und mehr direkte Demokratie wollen doch die allermeisten Parteien, oder?

Warum also mehr direkte Demokratie

Die repräsentative Demokratie ist ein gutes und wichtiges Mittel, um zu verhindern dass diktatorische Machtstrukturen entstehen. Es ist jedoch nicht sehr gut dafür geeignet, dass auch die Wünsche und Bedürfnisse der durchschnittlichen Bevölkerung erfüllt werden. Mit der direkten Demokratie ist es möglich die Bedürfnisse der Bevölkerung genauer zu erfassen und Lösungen dafür zu entwickeln. Dies wäre zwar mit einer repräsentativen Demokratie auch gut möglich, da die notwendigen Informationen vorliegen und genügend Repräsentanten im Parlament sitzen, es funktioniert nur nicht. Der eigentlich wichtige Punkt für die direkte Demokratie ist, wie oben gezeigt, dass die rein repräsentative Demokratie nicht im Sinne der Bevölkerung arbeitet. Nur mit einer direkt demokratischen Meinungsbildung wird es möglich sein, dass auch die politischen Entscheidungen im Sinne der Bevölkerung erfolgen werden.

Referenzen