Was macht uns dumm und wie können wir schlaue Entscheidungen treffen

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Personen die eine bestimmte Partei gut finden, oder sich zur linken oder rechten Ideologie bekennen Tatsachen nicht richtig wahrzunehmen scheinen? Also wirklich Tatsachen und nicht Meinungen, Werte oder Sichtweisen? Dann haben Sie möglicherweise einen Effekt der kulturellen Erkenntnistheorie beobachten können. Nämlich das Fakten aufgrund ihrer Gruppe wahrgenommen werden.[1]

Das interessante daran ist, dass dies nur für Fakten der Fall ist, die polarisiert sind. Unglücklicherweise ist es auch gut für das Geschäft der Medien zu polarisieren, was dieses Problem noch verstärkt. Daher werden wir durch die Polarisierung der Themen wirklich dumm gemacht, und wir haben dann dadurch nicht mehr die Fähigkeit angemessen für den gegebenen Sachverhalt zu bewerten. Ein Beispiel dazu ist in Die 3+1 Hemmnisse der direkten Demokratie angeführt.

Wir sind dann oft in spaltenden Ansichten gefangen, und nicht mehr fähig gemeinsam die besten Lösungen für uns alle zu entwickeln und darüber zu entscheiden.

Was können wir nun dagegen tun? Es gibt zwei Maßnahmen, welche in Kombination dieses Problem neutralisieren sollen:

  1. Verständnis schaffen
  2. Ein nicht polarisierendes Entscheidungsverfahren nutzen

Verständnis schaffen

 
Abbildung 1: Stufen der Kompetenzentwicklung [2]

Dieser Effekt ist vielen gar nicht Bewusst. Wenn wir die vier Stufen der Kompetenzentwicklung uns ansehen (Abbildung 1) dann befinden wir uns hier in der 'unbewussten Inkompetenz'. Wir wissen gar nicht, dass es so einen Effekt gibt, und berücksichtigen ihn daher auch nicht in unseren Betrachtungen.

Wird man z.B. hier darauf aufmerksam gemacht, befindet man sich zunächst in der bewussten Inkompetenz. Man hat erkannt, es gibt einen weiteren Aspekt, den man noch nicht berücksichtigt hat, weiß aber noch nicht wie man damit umgehen kann oder soll.

Nun werden meist bei Glaubensätzen oder Glaubenssystemen eines von zwei Dingen passieren:

  1. Die Person geht wieder in die unbewusste Inkompetenz: Das macht sie indem sie die neue Information entweder als irrelevant, nicht wissenschaftlich, mit anderen Argumenten entwertet oder verdrängt sodass diese überhaupt nicht mehr für die Person zugreifbar ist.
  2. Die Person entwickelt sich in die bewusste Kompetenz: Dieser Effekt wird nun in der Kommunikation mit anderen Personen wahrgenommen. Also man bemerkt, dass andere Personen überhaupt nicht sachlichen Argumenten zugänglich sind. Man beginnt auch sich selbst zu fragen, ob alle Fakten für den Sachverhalt in geeigneter Weise in die Überlegungen mit eingeflossen sind.

Was jedoch recht unwahrscheinlich ist, dass die Person auf Stufe 2 bleibt, da diese Widersprüchlichkeit entweder in Richtung Verdrängung/Veränderung oder in Richtung Erweiterung des eigenen Weltbildes aufgelöst werden will.

In Stufe 4 der unbewussten Kompetenz ist dieses Wissen nun so integriert, dass es praktisch automatisch wahrgenommen wird.

Kommuniziert man mit einer Person, welche Fakten (der anders polarisierten Gruppe) nicht zugänglich ist, dann könnte es sinnvoll sein, zuerst mal auf diesen Effekt aufmerksam zu machen und die Person auf Stufe 2 der Kompetenzmatrix zu stupsen, in der Hoffnung das Stufe 3 erreicht wird. Erst dann wird es häufig möglich werden, alle wesentlichen Fakten mit einzubeziehen.

Ein nicht polarisierendes Entscheidungsverfahren nutzen

Nimmt man als Beispiel die Mehrheitsentscheidung, so wird man also Person aber insbesondere auch als Gruppe darauf bedacht sein möglichst mehr als 50 % der Stimmen auf den gewünschten Vorschlag zu vereinigen, um diesen Vorschlag durchsetzen zu können. Würde man in dieser Situation, auch die Sichtweisen und Fakten der anderen Position würdigen, dann ist die Gefahr groß, dass sich Personen plötzlich zur anderen Seite wechseln. Daher ist es sinnvoll, die eigene Lösung als die richtige darzustellen und die andere Seite zu entwerten. Zudem besteht die Gefahr, dass weitere Vorschläge entstehen. Durch den dadurch entstehenden Spoilereffekt (Stimmenaufteilungseffekt) [3] macht es dann praktisch unmöglich fair abzustimmen. Dadurch wird man dies vermeiden versuchen, um überhaupt zu einer Entscheidung gelangen zu können.

Benutzt man hingegen ein Verfahren, welches diesen Spoilereffekt nicht hat (siehe Algorithmus für ein faires entscheiden) so ist es möglich mehrere Entscheidungsalternativen gleichzeitig einer Entscheidung zuzuführen. Um den eigenen Lösungsvorschlag durchzusetzen, wird es dadurch nun sinnvoll auch die Fakten, Argumente und Sichtweisen der anderen Gruppe sich anzusehen. Wenn es gelingt noch Aspekte der anderen Gruppe mit zu berücksichtigen, dann wird es umso wahrscheinlicher das man damit Erfolg hat.

Die Logik um Erfolg zu haben wird also eine völlig andere. Nämlich den anderen zu verstehen und auch die Argumente und Fakten mit einzubeziehen um die eigenen Ziele durchbringen zu können.

Beides ist notwendig

Nur Verständnis für diesen Effekt zu schaffen würde kaum Wirkung entfalten, da die dahinterliegende Entscheidungslogik dem entgegen steht. Jede Seite wäre gut beraten, dies nicht in ihrem Umfeld bekannt zu machen. Andererseits wird ein Entscheidungsverfahren, welches komplizierter ist als die bisher genutzte Mehrheitsentscheidung nicht angenommen werden, wenn die Vorteile nicht verstanden werden.

Daher macht die Forcierung beider Maßnahmen gleichzeitig Sinn. Natürlich wäre es auch gut wenn dies der Nationalrat berücksichtigen würde. Jedoch haben wir hier als Bürger nicht direkt die Möglichkeit etwas zu verändern. Was wir jedoch ab jetzt auch machen können ist, dieses Wissen zu verbreiten und für eine direkte Meinungsbildung hier zur Anwendung zu bringen.

Referenzen